Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)

Schneiderhan rechtfertigt Entwicklung der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/AW) Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, hat sich demonstrativ zur Entwicklung und Beschaffung der gescheiterten Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ bekannt. Als erster Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages räumte er am Montag jedoch ein, dass die Entwicklung der Drohne von Anfang an mit einem gewissen Risiko behaftet gewesen sei. Allerdings gelte dies für alle Rüstungsprojekte dieser Größenordnung und Komplexität. Zudem seien alle Probleme von allen Beteiligten als „lösbar“ eingestuft worden. An dieser Einschätzung habe sich bis zum Ende seiner Amtszeit als Generalinspekteur Ende 2009 auch nichts geändert.

Schneiderhan führte aus, dass zu Beginn der Streitkräftereform unter Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) im Jahr 2010 festgestellt worden sei, dass die Bundeswehr im Bereich der luftgestützten, weiträumigen Aufklärung und Nachrichtengewinnung durch den sich abzeichnenden Wegfall des Auflärungsflugzeugs „Breguet Atlantic“ auf eine „Fähigkeitslücke“ zusteuert. Eine Nachrüstung der veralteten „Breguet Atlantic“ sei zum einen als „unwirtschaftlich“ eingestuft worden und zum anderen sei bekannt gewesen, dass die Industrie ab dem Jahr 2010 keine Versorgung der Flugzeuge mehr garantiert. Auch der Bundesrechnungshof habe im Jahr 2005 „nachdrücklich“ angemahnt, diesen Flugzeugtyp auszumustern.

Schneiderhan betonte in seinen Ausführungen vor dem Untersuchungsausschuss immer wieder, dass die Fähigkeit zur weiträumigen Aufklärung und Nachrichtengewinnung für Deutschland extrem wichtig sei, „um politisch und militärisch handlungsfähig“ zu sein. Um diese Fähigkeitslücke zu schließen, habe man sich schließlich auf die Entwicklung eines unbemannten Flugsystems in Zusammenarbeit mit den USA entschieden. Man sei sich im Ministerium durchaus bewusst gewesen, damit „Neuland“ zu betreten. Zum anderen sei man sich auf der politischen und militärischen Ebene einig gewesen, dass unbemannte Flugkörper die Zukunft der Luftfahrt bestimmen werden. Im Jahr 2005 sei schließlich festgelegt worden, vorerst fünf „Euro Hawk“-Drohnen zu beschaffen. Drei Drohnen hätten dann zeitgleich eingesetzt werden können, während eine Drohne für Ausbildungszwecke und eine weitere Drohne für die Wartung eingeplant wurden. Dies sei der gängige Verteilungsschlüssel, sagte Schneiderhan.

Im Jahr 2006 habe er dem damaligen Staatssekretär Peter Eickenboom eine erste Zwischenentscheidung zu „Euro Hawk“ vorgelegt, die dieser unterzeichnet habe, erläuterte Schneiderhan. In diesem Bericht habe er auf zeitliche und finanzielle Probleme bei der Entwicklung der Aufklärungsdrohne hingewiesen. Diese Probleme seien aber als „lösbar“ eingestuft worden. Die Entscheidungen über den „Euro Hawk“ seien nicht allein vom Verteidigungsministerium gefallen. Man habe sich regelmäßig mit dem Verkehrsministerium und den Luftfahrtbehörden beraten. Auch diese hätten die sich abzeichnenden Probleme bei der Genehmigung für den zivilen Luftraum stets als lösbar angesehen. Das Beschaffungsprojekt sei dann vom Bundestag gebilligt worden. Im Jahr 2007 sei auf dieser Grundlage schließlich der Vertrag mit der Industrie abgeschlossen worden. Es sei vereinbart worden, zunächst einen sogenannten „Demonstrator“ des „Euro Hawk“ zu bauen. Um diesen schneller zur Verfügung zu haben, sei für den Demonstrator die Genehmigungsfähigkeit für den zivilen Luftverkehrsraum von einer Muss-Bestimmung in eine Soll-Bestimmung herabgestuft worden. Allerdings sei man davon ausgegangen, dass für den Fall einer Serien-Produktion diese Genehmigungsfähigkeit erreicht wird. Schneiderhan betonte, dass er sich als Generalinspekteur eher um die Fähigkeitslücke der Bundeswehr im Bereich der Aufklärung gesorgt habe als um technische Details.

Schneiderhan stellte vor dem Ausschuss klar, dass er die jeweiligen Verteidigungsminister während seiner Amtszeit stets über Probleme bei dem Beschaffungsvorhaben informiert habe. Dies sei nicht immer auf einem formalen oder schriftlichen Weg geschehen, sondern oft auch informell und mündlich. Schneiderhan war als Generalinspekteur unter den Verteidigungsministern Rudolf Scharping (SPD), Peter Struck (SPD), Franz Josef Jung (CDU) und Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) tätig. Im November 2009 hatte ihn zu Guttenberg als Generalinspekteur mit dem Vorwurf entlassen, Schneiderhan habe ihn nicht umfassend über die sogenannte Kundus-Affäre informiert.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
22.07.2013
Scharping: Euro-Hawk sollte strategische Fähigkeitslücke schließen

Untersuchungsausschuss (Euro-Hawk)
Berlin: (hib/PK) Die Entscheidung zur Beschaffung von Aufklärungsdrohnen ist nach Darstellung des früheren Verteidigungsministers Rudolf Scharping (SPD) einer militärischen Notwendigkeit gefolgt. Die Bundeswehr sei um die Jahrtausendwende auf die sich abzeichnenden neuen Herausforderungen nicht vorbereitet gewesen, sagte Scharping am Montagnachmittag als Zeuge vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss zur sogenannten Euro-Hawk-Affäre. Scharping, der von 1998 bis 2002 als Wehrminister amtierte, sprach von einer „strategischen Lücke“ in den damaligen Fähigkeiten der Bundeswehr.

So habe sich die Informationsbeschaffung mit luftgestützten Systemen als schwierig erwiesen. Die unzureichende Aufklärung sei damals unter anderem 1999 im Kosovo-Krieg deutlich geworden. Zudem habe die Bundeswehr eine Bündnisarmee im NATO-Verbund sein wollen. Das Ziel habe somit auch darin bestanden, den erheblichen technischen Rückstand gegenüber den Amerikanern zu verringern, sagte Scharping. Ein zu großer technischer Abstand von Bündnispartnern führe oft zu Abhängigkeiten.

Es seien damals Konzeptstudien in Auftrag gegeben worden, um zu prüfen, unter welchen technischen und wirtschaftlichen Bedingungen die Drohnen angeschafft werden könnten und welche Alternativen es dazu gebe. Sowohl die technischen wie auch die luftverkehrsrechtlichen Herausforderungen seien damals bereits deutlich angesprochen worden, wobei insbesondere die womöglich problematische Zulassung eine Rolle gespielt habe. 

Von einem „Geburtsfehler“ im Zusammenhang mit der Entscheidung für die Drohne wollte Scharping ausdrücklich nicht sprechen. Nach seiner Einschätzung gab es vor dem Hintergrund einer möglichen Krisenprävention auf internationaler Ebene keine Alternative zur Verbesserung der Aufklärungskapazitäten der Bundeswehr. Angesichts der verweigerten Zulassung der Euro-Hawk-Drohne für den europäischen Luftraum gab der frühere Minister zu bedenken, dass eine rein auf das Militärische gestützte Zulassung solcher Systeme in anderen Ländern durchaus möglich sei. Er frage sich deshalb schon, warum bestimmte militärische Fähigkeiten nicht wenigstens unter diesen Bedingungen fortgeführt werden könnten. 

Scharping sagte, es wäre „nachträgliche Schlaumeierei“ zu behaupten, die gravierenden Probleme und der Stopp des Rüstungsprojekts wären damals alle vorhersehbar gewesen. Allerdings müssten sich die zuständigen Minister bei so wichtigen und kostspieligen Projekten immer auf dem Laufenden halten und hätten „eine Holschuld“, was die Informationen angehe.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hatte das millionenschwere Projekt im Mai 2013 gestoppt, nachdem die Luftsicherheitsbehörden der Drohne wegen eines fehlenden Kollisionsschutzes die Zulassung für den europäischen Luftraum verweigert hatten. Rund 500 Millionen Euro sollen bereits in die Anschaffung geflossen sein.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
22.07.2013
Jung will von Zulassungsproblemen bei „Euro Hawk“ nichts gewusst haben

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/AW) Franz Josef Jung (CDU) ist während seiner gesamten Amtszeit als Verteidigungsminister zwischen 2005 und 2009 laut eigener Aussage zu keinem Zeitpunkt über Zulassungsprobleme der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ informiert worden. Dies betonte Jung am Montag Nachmittag vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages. Nach seiner Amtsübernahme im November 2005 sei er im Januar 2006 vom damaligen Staatssekretär Peter Eickenboom über das Rüstungsprojekt informiert worden. Eickenboom habe ihn lediglich darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich der für ein Zulassungsverfahren benötigte Informationsfluss von Seiten der amerikanischen Vertragspartner zunächst schwierig gestaltet habe. Diese Probleme seien dann jedoch behoben worden, sagte Jung.

Jung betonte vor dem Ausschuss, dass auf seine Anregung hin Gewährleistungs- und Schadensersatzregelungen in den Vertrag aus dem Jahr 2007 zwischen dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) und den Herstellerfirmen EADS und Northrop Grumman aufgenommen worden seien. Dies habe es vorher bei den Verträgen mit der Industrie über Rüstungsprojekte nicht gegeben. Jung führte zudem aus, dass die Musterzulassung des „Euro Hawk“ in Deutschland Teil des Vertrages zwischen dem BWB und den Herstellerfirmen sei.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
23.07.2013
Keine technischen Gründe für Einstellung des „Euro Hawk“-Projektes

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/AW) Aus technischer Sicht gab es offenbar keine Gründe, das Rüstungsbeschaffungsvorhaben „Euro Hawk“ einzustellen. Dies zumindest sagte Rüdiger Knöpfel, Leitender Technischer Regierungsdirektor des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, am Dienstag vor dem „Euro Hawk“-Untersuchungsausschuss des Bundestages aus. Knöpfel war seit dem Jahr 2011 als Projektleiter für den „Euro Hawk“ zuständig. In den Jahren davor war er als Referent im Verteidigungsministerium im Rahmen der Fachaufsicht ebenfalls mit der Entwicklung der Drohne betraut. Eingestellt worden sei das Projekt nur wegen der zu erwartenden Mehrkosten für eine Musterzulassung der Drohne für den Flugverkehr. Diese Mehrkosten würden entstehen, da viele der notwendigen technischen Dokumentationen beim amerikanischen Hersteller Northrop Grumman des Fluggeräts „Global Hawk“ nicht verfügbar sein. Diese würden in den USA für eine Zulassung als militärisches Fluggerät im Gegensatz zu Deutschland nicht benötigt, erläuterte Knöpfel. Die Mehrkosten für die Erstellung dieser Unterlagen liegen nach seiner Auskunft zwischen 100 und 600 Millionen Euro. Ein konkreter Betrag könne derzeit nicht genannt werden. Knöpfel vertrat die Ansicht, dass der Hersteller laut der „Bemühens-Formel“ im Vertrag alle Unterlagen für eine Musterzulassung zu liefern habe. Diese „Bemühens-Formel“ erstrecke sich aber wohl nicht auf Unterlagen, die nicht vorhanden und erst angefertigt werden müssen. Die Abgeordnete Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen) erwiderte darauf, dass dies eine juristische Einschätzung und Bewertung sei, die der Zeuge nicht treffen könne, da er laut eigener Auskunft selbst kein Jurist sei und nicht am Vertragsabschluss mit Northrop Grumman im Jahr 2007 beteiligt gewesen sei.

Köpfel erläuterte dem Ausschuss, dass im September dieses Jahres zwei weitere Testflüge des Prototypen des „Euro Hawk“ vorgenommen würden, um das von der deutschen Firma EADS entwickelte Aufklärungssystem „Isis“ abschließend zu testen. Erst dann könnten belastbare Angaben darüber gemacht werden, ob der „Euro Hawk“ als Gesamtprodukt den Vertragsanforderungen gerecht werde. Köpfel bestätigte auf Nachfragen der Parlamentarier, dass das Aufklärungssystem „Isis“ auch in anderen und in bemannten Flugzeugen eingesetzt werden kann. Im Ministerium und in seiner Behörde werde dies derzeit auch geprüft. Es müsse allerdings dann getestet werden, ob „Isis“ auch in diesem alternativen Fluggerät wunschgemäß arbeitet. Die Kosten für solche zusätzlichen Tests konnte er allerdings nicht beziffern. Köpfel bestätigte, dass die Fortsetzung der Tests mit dem „Euro Hawk“ sinnvoll sei, da ansonsten die Investitionen in das „Isis“-System von rund 250 Millionen Euro völlig umsonst gewesen seien.

Für diese Testflüge und alle früheren Flüge des „Euro Hawk“ in Deutschland liege eine vorläufige Flugerlaubnis vor. Diese erstrecke sich auf insgesamt 800 Flugstunden. Eine solche vorläufige Zulassung für den Luftverkehr sei einfacher zu erreichen, da die Auflagen nicht so hoch seien wie für eine Musterzulassung. So müsse man sich bei einer vorläufigen Zulassung keine Gedanken über Korrosion oder andere Langzeitbelastungen des Fluggeräts machen. Knöpfel sagte vor dem Ausschuss zudem aus, dass das Verteidigungsministerium auf eine möglichst schnelle vorläufige Zulassung des Prototypen gedrungen habe, um ihn gegebenenfalls durch die Bundeswehr im Rahmen der zur Verfügung stehenden Flugstunden einsetzen zu können.

Die vorläufige Zulassung gilt nach Auskunft Knöpfels jedoch nur den Luftverkehr der Kategorie 2. Das heißt, der „Euro Hawk“ startet in einem für den übrigen Flugverkehr gesperrten Luftraum. Auf seiner nach dem Start erreichten Flughöhe von rund 20 Kilometer könne er dann risikolos fliegen, weil sich der übrige Flugverkehr in deutlich niedrigeren Höhen abspiele. Für die Landung werde das gleiche Prozedere angewandt. Dies sei im militärischen Flugbetrieb keine Seltenheit und für die Missionserfüllung unerheblich. Für die uneingeschränkte Zulassung einer unbemannten Drohne für den gesamten Luftverkehr werde hingegen ein automatisches Anti-Kollisions-System benötigt. Ein solches System ist nach Aussage Knöpfels aber voraussichtlich erst in den kommenden vier bis fünf Jahren verfügbar.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
24.07.2013
Rechnungshof rügt schwere Verfahrensfehler beim Euro-Hawk-Projekt

Untersuchungsausschuss (Euro-Hawk)
Berlin: (hib/PK) Die Projektverantwortlichen beim Euro-Hawk haben nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes an entscheidenden Stellen versagt und hätten das Drohnen-Projekt schon vor Jahren grundsätzlich infrage stellen müssen. Ministerialrätin Angelika Bauch vom Rechnungshof sagte am Mittwoch als Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss zur Euro-Hawk-Affäre, bereits 2009, aber spätestens 2011 hätte das Projekt vom Bundesverteidigungsministerium neu bewertet werden müssen. Bauch stellte fest: „Das Projektcontrolling hat nicht funktioniert.“

2009 sei klar geworden, dass der Euro-Hawk nicht auf eine Zulassung des amerikanischen Globel-Hawk-Systems aufbauen könne, sondern eine ganz neue deutsche Musterzulassung benötige. Die Voraussetzungen zur Beschaffung der Musterzulassung hätten von der deutschen Auftraggeberseite von Beginn an wesentlich besser vorbereitet und begleitet werden müssen, sagte Bauch. Tatsächlich seien die gravierenden Unterschiede im Zulassungsverfahren der Amerikaner unterschätzt worden.

Die Projektplaner seien „blauäugig“ an die Entwicklung herangegangen und hätten die Zulassungsfragen dem US-Unternehmen Northrop Grumman überlassen, statt sich um die Details selbst zu kümmern. Die deutsche Seite habe darauf vertraut, dass die Industrie schon wisse, welche Zulassungsmodalitäten genau gelten und das die Zulassung möglich sei. Dies sei ein Fehler gewesen. „Offensichtlich hat man die Tragweite der Risiken unterschätzt.“ Bauch rügte, bei diesem „leitungsrelevanten“ Projekt der Kategorie I habe die deutsche Vorhabenaufsicht und Fachaufsicht schlicht „nicht funktioniert“. Auch der Projektleiter habe das Ausmaß der Probleme nicht vorausschauend erkannt.

Erst Anfang Februar 2012 sei eine erste Information über die erheblichen Probleme mit der Musterzulassung auf Staatssekretärsebene weitergereicht worden. Die Ministerialrätin erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass es sich beim Euro-Hawk-Projekt um einen Entwicklungsvertrag handelt, wobei der Auftraggeber das größte Risiko trägt. Bauch beklagte einen Mangel an „Verantwortungskultur“. Ihre Behörde habe bei der Bewertung des Vorhabens auch festgestellt, dass es im Verteidigungsministerium „kein einheitliches Dokumentenmanagement gibt“. Die Folge sei mangelhafte Transparenz bei solchen Beschaffungsvorhaben.

Die Entscheidung von Anfang 2010, aufgrund der Schwierigkeiten die Musterzulassung für den Prototypen der Drohne zunächst zurückzustellen, nannte Bauch „schwierig“. Ausschussmitglieder warfen die Frage auf, ob die deutsche Seite damit womöglich auf vertragliche Zusagen freiwillig verzichtet habe. Bauch sagte, sogenannte „Bemühungsklauseln“ im Vertrag bezögen sich auch auf Zulassungsfragen. Die Frage sei also, „was ist geschuldet und was ist Teil des Bemühens“. Nach ihrer Ansicht hätte aufgrund der Planabweichungen eine „Zwischenentscheidung“ herbeigeführt werden sollen, bevor neue Änderungsverträge vorgelegt wurden.

Die Rechnungshof-Expertin bezifferte das ursprüngliche Auftragsvolumen auf 431 Millionen Euro. Mit elf Änderungsverträgen hätten sich die Kosten zunächst auf 558 Millionen Euro erhöht. Mit weiteren vertraglichen Änderungen sei die Summe um nochmals 110 Millionen auf aktuell 668 Millionen Euro gestiegen. Davon entfielen auf das Trägersystem 305 Millionen und auf die Entwicklung der Aufklärungssensorik ISIS 363 Millionen Euro.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
24.07.2013
NSA war offensichtlich am Drohnenprojekt „Euro Hawk“ beteiligt

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/AW) Der US-Geheimdienst NSA war offensichtlich an der Entwicklung der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ beteiligt. Dies wurde in der heutigen Vernehmung von Ministerialdirektor Detlef Selhausen aus dem Verteidigungsministerium durch den Untersuchungsausschuss des Bundestages deutlich. Selhausen war in den vergangenen Jahren als Abteilungsleiter Rüstung im Ministerium verantwortlich für das Drohnenprojekt. Der Abgeordnete Jan van Aken (Die Linke) konfrontierte Selhausen mit einer von ihm verfassten E-Mail, in der angedeutet wird, die Verzögerungen im Projekt könnten eventuell auch auf verspätet gelieferte Bauteile durch die NSA zurückgeführt werden. Selhausen entgegnete darauf, dass er „keine diesbezüglichen Erkenntnisse“ habe. Auf die Gegenfrage van Akens, warum Selhausen dies in seiner E-Mail angesprochen habe, entgegnete Selhausen, dieser Hinweis stamme aus einem der Referate seiner Abteilung. Er selbst aber habe darüber „keine Erkenntnisse“ und wisse auch nicht, um welche Bauteile es sich dabei konkret handelt.

Selhausen bestätigte dem Ausschuss zudem, dass er das Vorzimmer von Staatssekretär Stéphane Beemelmans bereits am 19. Januar 2012 davor gewarnt habe, dass die geplante Musterzulassung des „Euro Hawks“ zu einer „dramatischen Kostenexplosion“ führen könne. Er habe mit der E-Mail „ein Problembewustsein“ in der Leitung des Ministeriums schaffen wollen, dass „hier ein Thema auf das Haus zukommt“. Ob Beemelmans über den Inhalt der E-Mail durch sein Vorzimmer informiert wurde und ob er anschließend Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) darüber informiert hat, darüber konnte Selhausen jedoch nichts aussagen. Der CDU-Abgeordnete Markus Grübel stellte dann auch klar, dass dies „reine Spekulation“ sei. Minister de Maizière hatte bislang immer angegeben, erst im März 2013 Informationen über „unlösbare Probleme“ bei der Entwicklung des „Euro Hawk“ erhalten zu haben. Selhausen führte zudem an, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keine „validierten Erkenntnisse“ gegeben habe, wie groß die Kostensteigerung ausfallen werde. Dies sei erst im Februar klar gewesen. Die Zusatzkosten seien mit rund 500 Millionen veranschlagt worden. Bis Ende 2012 sei dann auch klar gewesen, dass der „Euro Hawk“ auch auf keinem alternativen Weg eine dauerhafte Zulassung erhalten werde und deshalb eine Serienproduktion und eine Beschaffung der Drohne nicht sinnvoll sei.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
29.07.2013
Euro-Hawk-Hersteller Cassidian sieht Zulassungsrisiko allein bei der Regierung

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/PK) Das Zulassungsrisiko beim Drohnen-Projekt Euro-Hawk liegt nach Darstellung der Industrie allein auf Seiten der Bundesregierung. Wie der Vorstandschef der Herstellerfirma Cassidian, Bernhard Gerwert, am Montag in Berlin als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss sagte, hätten weder Cassidian noch der US-Hersteller Northrop Grumman einen Vertrag unterschrieben, in dem eine Musterzulassung für den deutschen Luftraum seitens der Industrie verbindlich zugesagt wird.

Gerwert sagte: „Wir haben uns an die bestehenden Verträge gehalten.“ Letztlich trage die Bundesregierung die Risiken eines solchen Entwicklungsvertrages. Die Industrie würde einen Kaufvertrag mit Festpreis auch nur dann eingehen, wenn die zu erbringende Leistung eindeutig und die damit verbundenen Kostenrisiken kalkulierbar wären. Für die Musterzulassung einer Drohnen-Serie, die im zivilen europäischen Luftraum operieren dürfe, habe es aber zum Vertragsschluss 2007 gar keine Grundlage gegeben, sagte Gerwert. Einen solchen Vertrag abzuschließen, hätte bedeutet, einen „Blankoscheck“ auszustellen. Er fügte hinzu: „Beide Seiten müssen wissen, was sie unterschreiben.“

Laut Gerwert war allen Beteiligten von vornherein bewusst, dass die Frage der Zulassung mit zusätzlichen Kosten verbunden sein würde. Es sei zudem lange klar gewesen, dass eine allgemeingültige Zulassung des Euro-Hawk nach Kategorie III, die auch für den zivilen Luftraum gilt, nicht erreichbar wäre, wohl aber eine Zulassung nach Kategorie II, also beschränkt auf den militärischen Luftraum.

Die Firma Cassidian gehört zum EADS-Konzern und entwickelt für das Euro-Hawk-Projekt das Signalaufklärungssystem ISIS (Integrated Signals Intelligence System). Wie Gerwert sagte, befindet sich ISIS in der letzten Phase der Erprobung und soll Ende September abgenommen werden. Die Tests zeigten, dass technisch alles planmäßig laufe. ISIS funktioniere und sei das „beste verfügbare luftgestützte Signalaufklärungssystem“. Die Entscheidung von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), aus Kostengründen nicht wie geplant in die Serienproduktion des Euro-Hawk zu gehen, wertete Gerwert als „für uns noch nicht nachvollziehbar“. Er habe im Übrigen aus der Zeitung von dieser Entscheidung erfahren.

Gerwert berichtete, über die ungeklärten Zulassungsfragen bei unbemannten Flugkörpern sei mit der Ministeriumsspitze häufiger allgemein gesprochen worden. Es sei aber nicht speziell um das Projekt Euro-Hawk gegangen. Seiner Ansicht nach müssten die Zulassungsvorschriften international harmonisiert werden. 2012 habe die Industrieseite die Mehrkosten für die Zulassung des Euro-Hawk auf rund 200 Millionen Euro taxiert, 2013 sei dann die Zahl 600 Millionen Euro von der Auftraggeberseite genannt worden. Gerwert sagte, er halte die niedrigere Schätzung für plausibler. Auf den Vorschlag, den Prototypen mit einer Vorläufigen Verkehrszulassung für weitere zwei bis drei Jahre zu testen, habe es keine Resonanz gegeben.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
29.07.2013
Northrop Grumman kritisiert deutsches Zulassungsverfahren für „Euro Hawk“

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/AW) Janis G. Pamiljans, Senior Vice President der Rüstungsfirma Northrop Grumman hat am Montag Nachmittag vor dem „Euro Hawk“- Untersuchungsausschuss sein Unverständnis über das deutsche Zulassungsverfahren der Aufklärungsdrohne geäußert. Die Wehrtechnische Dienststelle 61 habe in den Jahren nach dem Vertragsabschluss über die Entwicklung der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ im Jahr 2007 die Anforderungen für eine Musterzulassung ständig erhöht. Dabei sei bei Vertragsabschluss allen Beteiligten klar gewesen, dass die Musterzulassung weitestgehend auf der amerikanischen Zulassung für das Trägersystem „Global Hawk“ basieren sollte. In den USA habe die „Global Hawk“-Drohne eine militärische Zulassung der Air Force, erläuterte Pamiljans. Der Firmenvertreter wies zudem darauf hin, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar keine speziellen Anforderungen für die Zulassung unbemannter Flugsysteme dieser Art in Deutschland existiert hätten. Deshalb sollte die amerikanische Zulassung als Basis genutzt werden. Pamiljans verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Drohne „Global Hawk“ bereits rund 100.000 Flugstunden absolviert habe und weltweit erfolgreich in amerikanischen Militäreinsätzen – zum Bespiel im Irak-Krieg – zum Einsatz gekommen sei. Er betonte, dass seine Firma gemäß des Vertrages alles mögliche für eine Zulassung in Deutschland unternommen habe. So seien rund 4.000 technische Dokumente an die deutschen Stellen übergeben worden.

Pamiljans hält eine Zulassung des „Euro Hawk“ in Deutschland mit Zusatzkosten von 160 bis 193 Millionen Euro für möglich. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Angaben des Verteidigungsministeriums, das die Zusatzkosten auf bis 600 Millionen Euro schätzt. Pamiljans äußerte den Verdacht, dass die unterschiedlichen Beträge auf sehr unterschiedliche Anforderungen zurückzuführen sind. Er zeigte sich davon überzeugt, dass die nach oben geschraubten Zulassungsanforderungen von deutscher Seite zu einem komplett neuen Design der Aufklärungsdrohne führen würde. Dies sei aber nie Zielsetzung des Vertrages gewesen. Deutschland habe eine Maßanfertigung auf Grundlage des „Global Hawk“ geordert und diese sei in Form des „Euro Hawk“ auch geliefert worden. Pamiljans versicherte dem Ausschuss, dass die Integration des deutschen Aufklärungssystems „Isis“ in ein anderes Trägersystem – egal ob bemannt und oder unbemannt – zu erheblichen höheren Kosten führen wird. Zudem werde dies weitere Jahre in Anspruch nehmen.

Pamiljans wies Darstellungen zurück, der US-Nachrichtendienst NSA sei in den Bau des „Euro Hawk“ involviert gewesen. Es seien keine Bauteile von der NSA geliefert worden. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass für die Entwicklung des deutschen Aufklärungssystems „Isis“ Bauteile der NSA verwendet worden seien.

Der Firmenvertreter führte zudem aus, dass weder Northrop Grumman noch die mit der Firma EADS gegründete „Euro Hawk“-GmbH bislang offiziell davon unterrichtet worden sind, dass das Verteidigungsministerium das Projekt eingestellt hat und keinen Auftrag über die Beschaffung von vier weiteren Drohnen erteilen wird. Pamiljans appellierte an die Abgeordneten, diese Entscheidung zu überdenken. Das Projekt solle fortgesetzt werden. Jede andere Alternative würde deutlich teurer werden und der Bundeswehr auch nicht die gewünschten Fähigkeiten verleihen.
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
30.07.2013
Finanzministerium sah beim Euro-Hawk zunächst ein „beherrschbares Risiko““

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/PK) Das Bundesfinanzministerium sieht sich nicht in der Verantwortung für kostspielige Verträge, die vom Verteidigungsministerium geschlossen werden wie im Fall Euro-Hawk. Finanz-Staatssekretär Werner Gatzer sagte am Montagnachmittag als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss, sein Haus sei „nicht der Oberbuchhalter der Ministerien“. Vielmehr gelte die „Ressorthoheit“.

Verträge würden auch nicht detailliert überprüft, sondern nur auf bestimmte Auffälligkeiten hin, etwa wenn auf Vertragsstrafen verzichtet werde. Die Verträge seien nicht selten mehrere Tausend Seiten stark und hätten eine Vorlaufzeit von mehreren Jahren. Sein Haus prüfe die Vorlagen dann oft innerhalb einer Zeitspanne von sieben bis zehn Tagen nach Plausibilitätskriterien. Die Vertragsgestaltung werde jedoch letztlich von den Ressorts in eigener Verantwortung übernommen.

Die Zulassungsproblematik bei dem Drohnen-Projekt sei im Finanzministerium lange nicht bekannt gewesen, sagte Gatzer. 2009 habe es eine Nachfrage gegeben wegen der Kosten für die angestrebte Musterzulassung der Serie. In der Antwort des Wehrressorts sei von rund 9 Millionen Euro als ungefährer „Schätzgröße“ die Rede gewesen. Sein Haus habe aufgrund des demzufolge offenbar „beherrschbaren Risikos“ keinen Anlass gesehen, das Projekt neu zu bewerten, sagte der Staatssekretär.

Der im Verteidigungsministerium für Haushalt und Controlling zuständige Ministerialdirektor Paul Jansen sagte am Montagabend als Zeuge im Ausschuss, das Projekt Euro-Hawk könne nicht einfach als „Schaden“ deklariert werden. Immerhin habe die Arbeit an der Drohne wichtige Erkenntnisse für Systeme dieser Art gebracht, die sich nicht beziffern ließen.

Zudem sei „unzweifelhaft“, dass das von der Firma Cassidian entwickelte Signalaufklärungssystem ISIS weiter genutzt werden könne, wenn nicht im Euro-Hawk, dann auf einem anderen Träger. ISIS, das technisch funktioniere und bis Ende September die letzten Tests vermutlich erfolgreich absolviere, sei insofern „kein Teil der Schadenbilanz“. Jansen räumte aber ein, dass „ein Missverhältnis zwischen Kosten und Nutzen“ zum Verzicht auf die geplante Serienfertigung geführt hat.

Jansen bezifferte die Gesamtkosten für das Projekt Euro-Hawk einschließlich der noch laufenden Tests des Prototypen auf 668 Millionen Euro, darunter 585 Millionen Euro für Entwicklung und 83 Millionen Euro für Beschaffung. Derzeit würden Alternativen geprüft, wie die bestehende „Fähigkeitslücke“ bei der Aufklärung ohne den Euro-Hawk als Träger geschlossen werden könne.

Jansen sprach in dem Zusammenhang von 675 Millionen Euro „freien Planmitteln“, die bisher für das Projekt Euro-Hawk noch veranschlagt seien und nun für eine neue Zweckbindung und ein alternatives Programm zur Verfügung stünden. Er zeigte sich überzeugt, dass die Mittel ausreichen werden, um die Lücke zu schließen. Freilich müsste ISIS an ein neues Trägersystem angepasst werden, was Kosten verursache.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
30.07.2013
Staatssekretär Beemelmans übernimmt Verantwortung für mangelnde Information von Minister de Mazière“

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/AW) Staatssekretär Stéphane Beemelmans hat die Verantwortung für Defizite bei der Information von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) während des „Euro Hawk“-Rüstungsprogramms übernommen. „Die Verantwortung dafür trage ausschließlich ich“, sagte Beemelmans am Dienstag vor dem „Euro Hawk“-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Beemelmans bestätigte, dass er de Maizière erstmals am 13. Mai 2013 über „unlösbare Probleme“ bei dem Projekt informiert habe. Die zu erwartenden Mehrkosten von rund 600 Millionen Euro für die angestrebte aber nicht sichere Musterzulassung des „Euro Hawk“ hätten in keinem Verhältnis mehr gestanden. Auf dieser Grundlage sei dann entschieden worden, die Aufklärungsdrohnen nicht für die Bundeswehr zu beschaffen. Es sehe bezüglich der Informationen über den „Euro Hawk“ auch im Rückblick keine „Holschuld“ des Ministers. „Ich habe ihn so informiert, wie ich es für nötig hielt“, sagte der Staatssekretär vor dem Ausschuss. Dies entspreche dem Prinzip, dass die Staatssekretäre ihren Bereich im Ministerium eigenverantwortlich leiten.

Beemelmans ist seit dem 16. März 2011 als Staatssekretär für den Bereich Rüstung zuständig. Er habe erst später zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich der Minister nicht ausreichend über das „Euro Hawk“-Projekt informiert fühlte, gestand Beemelmans ein. De Maizière hatte Anfang Juni öffentlich beklagt, er sei durch sein Haus unzureichend eingebunden gewesen und hatte sich deshalb personelle Konsequenzen vorbehalten. Auf die Frage des SPD-Abgeordneten Rainer Arnold, ob er dem Minister deswegen seine Entlassung angeboten habe, wollte Beemelmans nicht antworten. Beemelmans gilt als enger Vertrauter von Minister de Maizière, mit dem er bereits seit 14 Jahren in verschiedenen Funktionen zusammenarbeitet: in der Sächsischen Landesregierung, im Bundeskanzleramt und im Innenministerium. Auf die Einlassung von Arnold, dass man nach so vielen Jahren der Zusammenarbeit doch eigentlich ein Gespür dafür haben müsse, wie und über was de Maizière informiert werden möchte, ging Beemelmans nicht ein. Er wiederholte lediglich, dass er den Minister gemäß seiner Dienstauffassung informiert habe. Dies gelte auch für die E-Mail, in der ihn der Abteilungsleiter Rüstung, Detlef Selhausen, am 19. Januar 2012 vor einer „dramatischen Kostenexplosion“ im Zulassungsverfahren gewarnt habe. Diese Angaben seien zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend geprüft gewesen. Nachdem diese Kosten abgeschätzt worden seien, seien zunächst alternative Zulassungsmöglichkeiten geprüft worden. Bis Ende 2012 sei man davon ausgegangen, die Probleme doch noch in den Griff zu bekommen. Es mache keinen Sinn, einen Minister über jedes Problem zu informieren, wenn noch nicht alle Lösungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien, argumentierte Beemelmans.

Der Staatssekretär führte vor dem Ausschuss aus, dass das Projekt „Euro Hawk“ von Anfang an mit erheblichen technischen, finanziellen und zulassungstechnischen Risiken belastet gewesen sei. Deswegen sei im Jahr 2007 zunächst ein Entwicklungsvertrag über die Lieferung eines Prototypen, eines sogenannten „Full Scale Demonstrator“, sowie die Entwicklung und Integration des Aufklärungssystems „Isis“ mit der „Euro Hawk“-GmbH abgeschlossen worden. Die amerikanische Firma Northrop Grumman habe hierfür einen unbemannten Flugkörper vom Typ „Global Hawk, Block 20“ geliefert, in den die von der Firma EADS Cassidian entwickelte Aufklärungssensorik „Isis“ integriert wurde. Erst im Erfolgsfall und nach Abschluss aller Tests und der Zulassung hätten vier weitere Aufklärungsdrohnen bestellt werden sollen.

Beemelmans erläuterte, dass bis Ende des Jahres nun die Integration des „Isis“ in einen anderen bemannten oder unbemannten Flugkörper geprüft werde, um die „Fähigkeitslücke“ der Bundeswehr im Bereich der luftgestützten Signalaufklärung zu schließen. Für ein solches System seien jene 675 Millionen Euro eingeplant, die durch die Beendigung des Rüstungsprojektes nicht ausgegeben worden seien. Beemelmans führte zudem aus, dass eine Beschaffung von vier Drohnen weitere Mehrkosten von rund einer Milliarde verursacht hätten. Das Trägersystem „Global Hawk, Block 20“ werde in den USA zukünftig nicht mehr genutzt und Deutschland wäre dann weltweit der einzige Nutzer, für den Ersatzteile und Wartung bereitgestellt werden müssten. Auch dieser Umstand hätte zum Abbruch des Rüstungsvorhabens geführt.

Beemelmans bestätigte auf Fragen des Abgeordneten Jan van Aken, dass der USA-Nachrichtendienst NSA die Verschlüsselungstechnik für die Aufklärungssensorik „Isis“ geliefert habe. Dies sei aber nicht als Widerspruch zu dem Ziel, ein Aufklärungssystem „nur für deutsche Augen“ zu entwickeln, angesehen worden. Beemelmans wies zudem den Verdacht zurück, der Prototyp des „Euro Hawk“ werde bei seinen noch verbleibenden Testflügen im September dieses Jahres bei der Erprobung von „Isis“ den allgemeinen Mobilfunk abhören.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
31.07.2013
Generalinspekteur Wieker fordert schnellen Ersatz für „Euro Hawk“

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/AW) Generalinspekteur Volker Wieker sieht die Einsatz- und Bündnisfähigkeit der Bundeswehr durch den Abbruch des „Euro Hawk“-Projektes beeinträchtigt. Dies betonte der ranghöchste Soldat der deutschen Streitkräfte am Dienstag Abend vor dem „Euro Hawk“-Untersuchungsausschuss. Ein signalerfassendes Aufklärungssystem, das in Echtzeit arbeite und Daten übertrage, sei dringend nötig, um Luftabwehrwaffen wirkungsvoll bekämpfen zu können. Wieker betonte, dass „so schnell wie möglich“ ein Ersatz für den „Euro Hawk“ beschafft werden müsse. Seit der Ausmusterung der Aufklärungsflugzeuge „Breguet Atlantic“ im Jahr 2010 habe die Bundeswehr hier eine „Fähigkeitslücke“. Wieker bestätigte dem Ausschuss, dass ihm bis Ende dieses Jahres Vorschläge unterbreitet werden sollen, in welches bemannte oder unbemannte Flugzeug das deutsche Aufklärungssystem „Isis“ integriert werden kann. Wieker bezeichnete diese Zeitplanung allerdings als „optimistisch“. Die Fähigkeiten der unbemannten Drohne „Euro Hawk“ seien hinsichtlich der Flughöhe von mindestens 15 Kilometern und einer 24-stündigen Flugdauer über dem Einsatzgebiet kaum zu ersetzten. Es müsse jetzt erst ein neues Anforderungsprofil für ein solches System erstellt werden. Deshalb könne er keine seriösen Angaben über die zu erwartenden Kosten machen, sagte Wieker. Auch einen realistischen Zeitrahmen, bis wann ein solches Aufklärungssystem zum Einsatz gebracht werden kann, wollte Wieker nicht benennen.

Der Generalinspekteur verteidigte zugleich die Entscheidung, den „Euro Hawk“ nicht zu beschaffen. Dies sei angesichts der Zulassungsprobleme und der Kostenexplosion nicht zu verantworten gewesen. Zugleich stellte Wieker klar, dass er mit Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) vor der Entscheidung im Mai 2013 über die Nichtbeschaffung des „Euro Hawk“ nicht über die Zulassungsproblematik gesprochen habe.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
31.07.2013
Staatssekretär von hoher Kostenschätzung für Euro-Hawk überrascht

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/PK) Die „fehlende Beherrschbarkeit des Musterzulassungsprozesses“ beim Euro-Hawk ist nach Aussage von Verteidigungs-Staatssekretär Rüdiger Wolf erstmals Anfang 2012 deutlich geworden. Im Februar 2012 sei er von der Schätzung „überrascht“ worden, dass die die geplante Musterzulassung der Drohnen-Serie nach deutschem Recht bis zu 600 Millionen Euro zusätzlich kosten könnte, sagte der für Haushaltsfragen zuständige Staatssekretär am Dienstagnachmittag als Zeuge im Hawk-Untersuchungsausschuss.

Wolf sprach mit Blick auf den Februar 2012 von einer „neuen Weichenstellung“, weil es nach Einschätzung der Fachleute auch bei einem Einsatz von zusätzlich bis zu 600 Millionen Euro keine Garantie für eine Zulassung gegeben hätte. Wegen der offensichtlich „unlösbaren“ Probleme mit der Musterzulassung habe er schließlich dafür plädiert, die Serie nicht zu beschaffen. Wolf fügte hinzu, die Risiken seien lange Zeit als beherrschbar angesehen worden. „Es gab Warnhinweise, aber nicht rot, sondern allenfalls gelb.“

Mit dem Generalinspekteur sei dann erörtert worden, ob es sinnvoll wäre, den fertigen Prototypen des Euro-Hawk auf der Basis einer vorläufigen Verkehrszulassung weitere vier Jahre zu testen. Dies hätte pro Jahr und 52 Millionen Euro gekostet. Der General habe sich dagegen entschieden und er sei dieser Auffassung gefolgt, sagte Wolf, weil die Kosten-Nutzen-Relation nicht gestimmt habe.

Es sei dann die Weisung ergangen, bis Ende 2013 nach Alternativen für das Trägersystem zu suchen, wobei das von der Firma Cassidian entwickelte Signalaufklärungssystem ISIS weiter mit Priorität behandelt und genutzt werden solle. Laut Wolf ist noch nicht klar, auf welchen Träger es hinausläuft, ob bemannt oder unbemannt, denkbar wäre, dass aus Kostengründen auf eine bereits bestehende bemannte Plattform zurückgegriffen werde. Konkrete Überlegungen nannte er nicht. „Als Haushälter warte ich auf die Fakten.“ Er gehe aber davon aus, dass die freien Planmittel für das Ursprungsprojekt in Höhe von 675 Millionen Euro genutzt würden für ein alternatives Trägersystem, um die bestehende Fähigkeitslücke bei der Aufklärung zu schließen. Möglichkeiten für Umschichtungen im Haushalt sehe er nicht.

Wolf nahm seinen Ressortchef Thomas de Maizière (CDU) gegen Anschuldigungen in Schutz, dieser hätte früher von den schwer lösbaren Problemen beim Euro-Hawk wissen müssen. Der Minister werde immer dann einbezogen, wenn seine Entscheidung zwingend erforderlich sei, dies sei nicht in jeder Phase des Euro-Hawk-Projektes automatisch gegeben. Auf die Frage, ob er selbst Fehler gemacht habe, antwortete Wolf: „Ich erkenne keine Fehler.“ Er würde mit Blick auf die Entwicklung des Euro-Hawk auch nicht grundsätzlich von einem fehlerhaften Verfahren sprechen.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
31.07.2013
De Maizière im „Euro-Hawk“-Ausschuss: Die Probleme schienen lange Zeit lösbar

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/PK) Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bleibt bei seiner Darstellung, von den nicht lösbaren Problemen bei der geplanten Serienbeschaffung des Euro-Hawk erst im Mai 2013 erfahren zu haben. Zwar habe er schon im März 2012 von den Schwierigkeiten mit der Musterzulassung gehört, diese seien aber von seinen Mitarbeitern „als lösbar dargestellt“ worden, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch als Zeuge vor dem „Euro-Hawk“-Untersuchungsausschuss. Er widersprach dem Eindruck, über das Projekt „Euro-Hawk“ nur lückenhaft informiert worden zu sein und sagte: „Über lösbare Probleme war ich durchaus unterrichtet.“

Mit der „erhärteten Kostenschätzung“ für die Musterzulassung der Drohne im Umfang bis zu 600 Millionen Euro habe sich im Mai 2013 gezeigt, dass die Probleme nicht mehr in vertretbarer Weise lösbar seien. Er habe sich deshalb der Entscheidung seiner Staatssekretäre und des Generalinspekteurs angeschlossen, die Serie nicht zu beschaffen, sondern nur noch den Prototypen mit der Aufklärungstechnik ISIS zu Ende zu testen. Diese Entscheidung sei auch nicht zu spät gekommen, denn zunächst müssten alle vertretbaren Möglichkeiten ausgeschöpft werden, bevor ein solches Entwicklungsprojekt gestoppt werde.

Der Minister betonte, durch die Entscheidung gegen die Serienbeschaffung sei kein zusätzlicher Schaden entstanden, sondern Schaden verhindert worden. So seien bereits 2011 rund 565 Millionen Euro oder 85 Prozent der für das Projekt verfügbaren Mittel ausgegeben oder gebunden gewesen. Zudem seien die Mittel für das Signalaufklärungssystem ISIS „sinnvoll investiert“, weil dieses – nach Ablauf der Tests im September – künftig genutzt werden solle. Der technische Erkenntnisgewinn im Gesamtprojekt sei überdies „hoch“, wenn auch nicht zu beziffern.

De Maizière räumte ein, dass die potenziellen Schwierigkeiten beim Projekt „Euro-Hawk“ von Anfang an, also lange vor seiner Amtszeit, bekannt waren, aber „unterschätzt und nicht angemessen bearbeitet“ wurden. Die sich abzeichnenden Probleme etwa mit der Musterzulassung hätten von Beginn an „ernster genommen“ werden müssen. Der Minister sprach in dem Zusammenhang von einem „Geburtsfehler“ oder „genetischen Fehler“. Auch die Leitungsebene seines Hauses hätte über bestimmte Schwierigkeiten früher informiert und „in maßgebliche Entscheidungen eingebunden“ werden müssen.

Er habe deswegen eine Reform der Beschaffung in die Wege geleitet mit dem Ziel, Zuständigkeiten klarer zu definieren und Transparenz herzustellen. Zudem werde ein neues Projekt-Controlling eingeführt. Mit dem neuen Verfahren seien Probleme wie jetzt mit dem „Euro-Hawk“ aus seiner Sicht nicht mehr zu erwarten. „Wir haben also für die Zukunft bereits gehandelt.“

Der Minister machte noch einmal deutlich, dass die Entscheidung für den „Euro-Hawk“ grundsätzlich richtig war. Es gebe eine Fähigkeitslücke bei der militärischen Aufklärung, die geschlossen werden müsse, auch zum Schutz der Soldaten im Einsatz. Daher würden derzeit Alternativen für den Träger „Euro-Hawk“ gesucht. Die damalige Entscheidung, eine unbemannte Aufklärungsdrohne zu entwickeln, sei riskant gewesen, stehe aber zugleich für den Anspruch, einen „technologischen Modernisierungsschub“ zu erreichen. „Man wollte den ganz großen Wurf wagen.“ Der Minister räumte ein: „Wir waren zu optimistisch.“ Die schwierige Entwicklung hätte vorhergesehen werden können oder müssen.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“

 
 
31.07.2013
Minister de Maizière lehnt Rücktritt wegen „Euro Hawk“ ab

Untersuchungsausschuss (Euro Hawk)
Berlin: (hib/AW) Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sieht keinen Grund, wegen des gescheiterten Rüstungsprojektes „Euro Hawk“ zurückzutreten. Dies machte er am Mittwoch auf eine entsprechende Frage des SPD-Abgeordneten Rainer Arnold (SPD) deutlich. Auf die Frage, ob er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seinen Rücktritt angeboten habe, verweigerte de Maizière jedoch die Auskunft. Arnold bezichtigte den Minister in der Sitzung der wiederholten Lüge. De Maizière sei auch schon vor dem 13. Mai dieses Jahres von seinem Ministerium informiert worden, dass das Zulassungsproblem der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ nicht lösbar ist. Die Oppositionsfraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen konfrontierten de Maizière in der Sitzung immer wieder mit Informationsunterlagen, die er aus seinem Haus erhalten habe, und in denen die massiven Probleme bei der Zulassung des „Euro Hawk“ angesprochen worden seien. De Maizière wies den Vorwurf der Lüge als „Unterstellung“ zurück und blieb bei seiner Darstellung. Ja, er habe auch schriftliche Informationen erhalten, in denen die Zulassungsprobleme thematisiert worden seien. Aber immer sei dies mit dem Hinweis versehen worden, dass sein Ministerium an einer Lösung arbeite, argumentierte de Maizière. Er machte zudem deutlich, dass er ständig umfangreiche Akten und Informationen erhalte. Es könne jedoch nicht angehen, dass seine Mitarbeiter wichtige Informationen dieser Art lediglich auf diesem Weg kommentarlos an ihn weitergeben würden in der Hoffnung, er werde diese dann umfänglich lesen und sich des Problems annehmen. Dafür bleibe nicht immer die nötigte Zeit. Ein Minister bekomme meist eher zu viele statt zu wenige Informationen, sagte de Maizière.

Der Verteidigungsminister räumte allerdings auch Fehler ein. So gestand er zu, dass er nachträglich betrachtet, schon früher habe nachfragen müssen nach den konkreten Problemen mit dem „Euro Hawk“. Daraus lasse sich jedoch keine prinzipielle „Holschuld“ des Ministers bezüglich der Informationen ableiten. Er sei darauf angewiesen, frühzeitig in wichtige Vorgänge eingebunden zu werden. In diesem Zusammenhang erneuerte de Maizière auch seine Kritik an dem Rüstungsstaatssekretär Stéphane Beemelmans. Zugleich hob er jedoch hervor, dass Beemelmans im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr „herausragende Verdienste“ errungen habe. Der Minister kündigte an, dass er sich zukünftig in regelmäßig Abständen über die konkreten Fortschritte und Probleme bei den wichtigsten Rüstungsprojekten informieren lassen wird. Diese Sachstandberichte würden dann auch an den Verteidigungs- und Haushaltsausschuss weitergeleitet.
 
Quelle: „Newsletter Heute im Bundestag“