Warum ich gegen die komplette Abschaffung von Kindergartengebühren bin

M E I N U N G
Warum ich gegen die komplette Abschaffung von Kindergartengebühren bin.
Lesen Sie hier die Meinung von Dr. Rüdiger Werner.


Rödermark intern
Wann wird die Verwaltung damit beginnen, ihren EIGENEN Auftrag und von den Stadtverordneten mit Mehrheit beschlossen, ein Sonder- und Gewerbegebiets nördl. der Germania zu ermöglichen, umzusetzen. Prüfung eines Sonder- und Gewerbegebiets nördl. Germania
Der Beschluss erfolgte am 9.02.2021. Irgendein Fortschritt ist für mich nicht zu erkennen.

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5 Replies to “Warum ich gegen die komplette Abschaffung von Kindergartengebühren bin”

  1. Im Großen und Ganzen Zustimmung von mir. Drei Punkte möchte ich noch anfügen:
    1.) Kindergarten und Bildung sind im Endeffekt nicht kostenfrei. Irgendjemand wird zahlen müssen und wenn das System saniert und ausgebaut werden soll, dann werden die Kosten erst recht steigen. Ist im Prinzip wie mit den maroden Straßen in Rödermark. Und wie bei den Straßen bezweifle ich, dass die Lage besser werden wird, eher schlechter, denn mehr Kosten bedeuten, dass irgendjemand mehr bezahlen muß. Man könnte sich an der Stelle mal überlegen, ob es ökonomisch sinnvoll ist, dass Eltern zwar nicht die Kosten für Kindergarten/Tagesstätte ihrer eigenen Kindern bezahlen, aber dafür die Kosten der Plätze anderer Leute Kinder. Ist es günstiger, wenn Eltern Gebühren direkt an Kindergarten/Tagesstätte bezahlen würden?

    2.) Wenn etwas dringend im System geändert werden muß, dann sind es die überall gegenwärtigen falschen Anreize, die als sozial gelten, es aber nicht oder nur teilweise sind. Das Folgende geht parallel zur „Wertschätzung einer Leistung“. Könnte man z. B. „Wertschätzung der Familie“ oder „Wertschätzung der Eltern-Kind-Beziehung“ nennen. Eine für die Eltern kostenfreie Tagesstätte verstärkt den Anreiz, ein Kind in die Tagesstätte abzuschieben. Das mag in manchen Fällen sogar die bessere Lösung für das Kind sein, das ist mir bewußt. Aber andererseits sind Beziehungen nie von vollkommener Leichtigkeit geprägt, und im Normalfall ist der ständige Bezug zwischen Kindern und Eltern besser für die kindliche Seele als der Umgang mit relativ Fremden. Das bringt mich zu

    3.) Auch akademisierte Erzieher wären keine Garantie dafür, dass Kinder zu kompetenten, glücklichen Erwachsenen werden würden. Akademisierung bedeutet nicht, dass es „auf der menschlichen Ebene“ zwischen Erziehern und Kindern stimmen muß. Das kennt man bereits von den Lehrern. Mit einer Akademisierung des Berufes des Erziehers würde es den Menschen erschwert werden Erzieher zu werden, die einen guten, authentischen Zugang zu ihren Mitmenschen (und damit auch den Kindern) haben, aber leider nicht die Leistungsanforderung eines Studiums bewältigen können. Pädagogisches Wissen zu haben, bedeutet nicht pädagogisch handeln zu können. Eine Akademisierung des Berufes würde den Personalmangel nicht beheben, sondern fördern. Besser wäre das Gegenteil, den Berufseinstieg zu erleichtern. Quereinsteiger können direkt im Kindergarten angelernt werden und den dortigen Erziehern beim Betreuen zuschauen und so lernen, wie es geht.

  2. Vielen Dank für Ihren Kommentar.

    Besonders der Punkt 3 gibt Anlass zur Klarstellung. Die Akademisierung des Erzieherberufes macht per se die Erziehung nicht besser, da haben Sie recht. Und wenn jeder Erzieher vorher studieren müsste, wären wahrscheinlich noch weniger Erzieher auf dem Arbeitsmarkt. Da stimme ich auch zu.
    Daher muss es auch ein Nebenher von Erziehern mit akademischem Abschluss und ausgebildeten Erziehern/Betreuern geben. Zum einen glaube ich schon, dass die Qualität der Ausbildung verbessert werden kann und muss, um mit den wachsenden Anforderungen mitzuhalten. Zum anderen muss der Gehaltsunterschied zwischen Erziehern und Grundschullehrern verringert werden, um den Beruf attraktiver zu machen, den ein Teil der potenziellen Erzieher schlägt die Berufbahn nicht ein, weil die Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten zu gering sind. Daher halte ich die Einführung der Akademisierung des Erzieherberufs für wichtig und richtig. Selbst bei sofortigem Beginn mit der Umsetzung würden die Auswirkungen frühestens in 10 Jahren einsetzen.
    Auf der anderen Seite gibt es viele Menschen, die ohne eine spezielle Ausbildung erfahren zu haben, ganz toll mit Kindern umgehen können, die vielleicht Erfahrungen mit den eigenen Kindern gemacht haben und diese nun weitergeben möchten. Diesen Quereinstieg muss man erleichtern. Bei der Diskussion um das hessische KiFöG (Kinderförderungsgesetz) war das ein Streitpunkt. Im Erstentwurf stand das noch drin, bis zu 20 % Personen mit fachfremder Ausbildung in den Kitas, Erleichterung des Quereinstiegs. Das hätte der Sporttrainer sein können, die erfahrene Mutter, der Bastelopa, die Vorleseoma, der Musiklehrer, um nur ein paar Klischees zu nennen. Meiner Meinung nach hätte das die Qualität der Bildung in den Kitas gesteigert und den Fachkräftemangel etwas abgedämpft. Doch die damalige CDU-FDP-Koalition ist unter dem Druck von Erziehungs-Gewerkschaften und SPD eingeknickt und hat das meiste in dieser Richtung aus dem Gesetzentwurf rausgenommen. Ein großer Fehler nach meiner Auffassung.

    Rüdiger Werner

  3. Danke für Ihre Klarstellung.

    Ich bin auf jeden Fall mit den Punkten ‚faire Entlohnung der Dienstleistung‘ und ‚Qualität der Erziehung‘ auf Ihrer Seite. Es geht im Endeffekt darum, den guten westlichen Lebensstil zu erhalten und sogar auszubauen, und das wird nur funktionieren, wenn unser Nachwuchs gesund, gut erzogen und gebildet ist, weswegen die Erzieher und Lehrer selbst gut ausgebildet, gut erzogen (Vorbildcharakter) und bestenfalls auch (geistig) gesund sein müssen. Es gibt wohl auch den Erzieher/Lehrer aus Leidenschaft, und Hardcore-Idealisten, denen nur die Aufgabe wichtig ist, aber in Wahrheit sucht die Mehrheit nach einer Kompensation für die erbrachte Leistung, die den eigenen Ansprüchen gerecht wird. (Nur nebenbei: mMn wäre es auch fairer, wenn Ehrenamtliche bezahlt würden. Ich fürchte aber, dass es genau die finanzielle Haltung ist, die man bei der gegenwärtigen Rot-Schwarzen beobachten kann, die Ehrenamt überhaupt nötig macht und zu noch mehr Ehrenamt führt.)

    Ich finde übrigens die Idee, Sozialarbeiter in die Kindergärten und Tagesstätten zu holen, sehr gut. Abgesehen von Kindern aus dauerhaft dysfunktionalen Haushalten, können auch Kinder, die die üblichen Schicksalsschläge des Lebens überwinden müssen, von guter Sozialarbeit profitieren. Von guter Sozialarbeit können sich (nicht nur) Kinder ihr Leben lang auf psychischer Ebene nähren.

    Marvin Falz

  4. „Frühkindliche Bildung kann die Schere zwischen armen und reichen Kindern schließen. Kinder mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Familien profitieren am stärksten von einem frühen Kindergartenbesuch. Gleichzeitig besuchen sie seltener schon mit drei Jahren den Kindergarten. Daher sollten Politikmaßnahmen darauf abzielen, den Besuch frühkindlicher Bildungseinrichtungen von Kindern mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Elternhäusern zu erhöhen.“ Das sagt eine Studie, deren wichtigste Ergebnisse auf der Webseite des RWI Essen veröffentlicht worden sind. http://www.rwi-essen.de/presse/mitteilung/318/

  5. Ich höre häufiger, dass die Anforderungen an die Leistungen von Schülern und Studenten bewußt von seiten der Bundespolitik herabgesetzt worden sind, um soviele Menschen wie möglich zum Abi und an die Uni zu bekommen. Es ist davon geschrieben worden, dass deutsche Unis weniger der Wissenschaft dienen, dafür mehr zu einer Art gehobenen Ausbildungsstätte geworden sind, d. h. tendenziell lernen Studenten auswendig und hinterfragen das auswendig Gelernte nicht mehr.

    Wieso also sollte die akademische Ausbildung von Erziehern besser sein als die übliche schulische Ausbildung, außer wenn der Anspruch der schulischen Ausbildung parallel zum akademischen Anspruch gesunken ist?

    Um was für wachsende Anforderungen geht es bei drei- bis sechs-jährigen Kindern? Wie kommt es, dass es frühere Generationen geschafft haben, unsere heutige Welt aufzubauen und zwar ohne frühkindliche Bildung, Ganztagsbetreuung, und andere überteuerte, wenig effiziente staatliche Programme? Wieso hat es früher ausgereicht, dass die Kinder in ihren Familien versorgt und erzogen worden sind? Ist die Welt heute wirklich so viel komplizierter geworden, oder meinen wir heutzutage nur, dass sie viel komplizierter geworden ist? Wenn sie komplizierter geworden ist, warum ist sie komplizierter geworden? Kann man die Welt dann auch wieder vereinfachen? Und letzte Frage für heute: wenn der Erzieherberuf akademisiert wird, unter anderem auch, um höhere Gehälter zahlen zu können (das sollte mMn auch im Ermessen des jeweiligen Erziehungsanbieters liegen), werden dann nicht automatisch die Kosten höher, so dass an anderer Stelle gespart werden müßte, was vermutlich unterm Strich zu einer Verringerung der Qualität führen könnte? (Ich weiß, Suggestiv-Frage ;-))

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